2-jährige Pferde im Renneinsatz
Dass Rennpferde bereits ab zweijährig Rennen laufen dürfen, wird in Tierschutzkreisen immer wieder stark kritisiert. In mehreren unabhängigen Studien durchgeführt über zehn Jahre an 115.000 Vollblütern belegen, dass die Karriere von Rennpferden, die mit gut anderthalbjährig eingeritten werden und zweijährig ihre ersten Rennen laufen, im Schnitt sogar länger ist als von denen, die erst später den Sport eingeführt werden. Begründen lässt sich dies wohl damit, dass sich die Knochenbildung der Belastung anpasst. Als Reaktion auf den Bewegungs- und Belastungsreiz wird die Blutversorgung erhöht, was wiederum zu einer Verbesserung der chondrale Ossifikation (Bildung von «zusätzlichem» Knochengewebe) führt.
Wenn man ein Pferd bis zu seinem dritten Geburtstag nur auf die Weide stellt, wird das Skelett an den Weidegang angepasst, aber nicht an die Anforderung für das Training oder das Rennen. Das körpereigene System zum Knochenaufbau wird weitgehend verkümmern. Wird das Pferd dann ins Training genommen, muss es die Gefässversorgung und die Osteoblasten, die den Knochenumbau bewirken, erst wieder aufbauen. Im Gegensatz dazu muss ein Pferd, das bereits im Alter von zwei Jahren trainiert wurde, nur das Gefässsystem und die Zellen, die bereits für das Wachstum (Knochenaufbau) vorhanden waren, neu für den Knochenumbau verwenden. (Larry Bramlage, med. vet. international anerkannter orthopädischer Chirurg für Pferde, Quelle: www.in-the-focus.com).
Ausnahmslos alle Studien kommen allerdings zu dem Schluss, dass es am Ende nicht auf das "Ob", sondern auf das "Wie" ankommt. Voraussetzung ist die Reife des einzelnen Pferdes, seine Entwicklung durch gezielte Fütterung und seine mentale Stabilität. Sachgerechtes Training stärkt Sehnen, Muskeln und Knochengerüst. Überforderung hingegen gefährdet die Gesundheit des jungen Pferdes. Kritiker verwenden gerne das Argument, dass Pferde des Geldes wegen früh im Rennsport eingesetzt werden. Dem kann widersprochen werden, denn in Rennsportkreisen ist längst bekannt, dass es sich finanziell auszahlt dem Pferd die Zeit zu geben, die es benötigt um in den Rennsport eingeführt zu werden. In der Schweiz sind 2-jährige Vollblutpferde nicht vor dem 1. August startberechtigt.
Haltung
Die Haltung der Galopprennpferde hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Dass sich die Pferde auf Weiden und/oder Paddocks frei bewegen dürfen und mit Artgenossen Sozialkontakte pflegen können, gehört heute für die Trainer zur Selbstverständlichkeit. Auch Gruppenhaltung ist, insbesondere bei Besitzertrainern, die in der Regel weniger Pferdewechsel haben, längst keine Seltenheit mehr.
Verletzungen
Der Galopprennsport fordert Höchstleistung von den Pferden. Auch wenn sie gewissenhaft 365 Tage im Jahr von ihren Trainern auf diese Aufgabe vorbereitet werden und von allen Seiten grosse Bemühungen unternommen werden, das Verletzungsrisiko zu minimieren, kann es nicht ganz ausgeschlossen werden. Insbesondere Sehnenverletzungen zählen zu den häufigsten orthopädischen Erkrankungen, in seltenen Fällen kommen auch Fissuren (Knochenrisse) oder Frakturen (Knochenbrüche) vor. Insbesondere letztere Verletzung kann aufgrund der anatomischen Beschaffenheit des Pferdes nicht immer geheilt werden. Bekannt ist auch, dass Rennpferde öfters unter stressbedingten Magengeschwüren leiden. Im Grundsatz erleiden Galopprennpferde jedoch keine Verletzungen oder Krankheiten, die nicht auch bei jedem anderen Sport- oder Freizeitpferd vorkommen. Gerade die Thematik der Magengeschwüre wurde viele Jahre lang als reine Galopprennpferde-Erkrankung verbreitet und wahrgenommen. Heute weiss man, dass die Erkrankung bei Freizeitpferden genauso verbreitet ist. Auch treten bei anderen Sport- oder Freizeitpferden häufig Sehnen- und Fesselträgererkrankungen auf oder es kommt durch Weideunfälle oder Schlagverletzungen zu Knochenbrüchen. Im Unterschied zu den Rennpferden geschieht dies meist nicht vor einem grossen Publikum und wird daher von der Gesellschaft nicht wahrgenommen.
Tierärztliche Betreuung am Renntag
An jedem Renntag ist ein offizieller Tierarzt anwesend, der als Berater der Rennleitung in tierärztlichen Belangen amtet. Er ist verpflichtet, der Rennleitung die Ausschliessung aller Pferde zu beantragen, für welche die Teilnahme aus tierärtzlicher Hinsicht, namentlich infolge Erkrankung, Verletzung oder momentaner Indisposition eine gesundheitliche Schädigung zur Folge haben könnte. Zu diesem Zweck hält er sich vor jedem Rennen im Führring und nach dem Rennen auf dem Absattelplatz auf. Er beobachtet die Pferde zusätzlich beim Aufgalopp und während des Rennens. Neben dem offiziellen Tierarzt haben auch ein Ambulanztierarzt und ein Ambulanzdienst anwesend zu sein. Zu ihrer Hauptverantwortung gehört die Betreuung von erkrankten oder verletzten Pferden. Verletzt sich ein Pferd so schwer, dass es nicht mehr gerettet werden kann, wird es vom Ambulanztierarzt an Ort und Stelle euthanisiert (= eingeschläfert). Die schnelle Erlösung erspart dem Pferd Stress und Schmerzen.
Nach der Rennkarriere
Jedes Jahr beenden durchschnittlich 50 Pferde in der Schweiz ihre Rennkarriere. Trainer oder Besitzer sind angehalten, dem Verband zu melden wann ein Pferd aus dem Rennregister gestrichen wird, warum und was seine künftige Nutzung sein wird. Die Gründe sind vielfältig. Sei es, weil das Pferd keine Freude (mehr) an seinem Job hat, über zu wenig Leistungsvermögen verfügt, in die Zucht wechselt oder weil seine Entourage findet, es hätte nun genug geleistet und soll eine neue, ruhigere Aufgabe erhalten. Die Mehrheit (70 %) davon verlässt den Galopprennsport gesund. Der Altersdurchschnitt der Pferde beträgt dabei 7 Jahre.
Dass Galopprennpferde ihre Karriere im Verhältnis zu Pferden anderer Sportarten früher beenden, mag daran liegen, dass das höchste Leistungsvermögen insbesondere bei Flachrennpferden im Alter von 3-6 Jahren liegt. Dabei gilt: keine Regel ohne Ausnahmen. Dass Rennpferde nach ihrer Karriere "entsorgt" werden, kann anhand der Meldungen an Galopp Schweiz widerlegt werden. Leider hält sich diese Behauptung von Rennsportgegnern hartnäckig, doch sind sie schlicht falsch!
Die grosse Mehrheit der Ex-Rennpferde bekommt nach ihrer Karriere ein neue Aufgabe, ob als Freizeitpferd oder in einer anderen Sportart. Erfahren Sie mehr über ehemalige Rennpferde: